Neymars Schwalben haben längst Legendenstatus erreicht, das ist unbestreitbar. Denn keiner hebt so anmutig – und ohne Kontakt mit dem Gegner – vom Boden ab. Kaum jemand stürzt so elegant über imaginäre Beine, vorzugsweise im Strafraum. Und nun zieht er vorübergehend in den Süden – oder besser gesagt, in den Orient, nach Saudi-Arabien.
Was muss dieser Paradiesvogel nicht alles ertragen? An den Stammtischen, in den Talkshows und in den Kommentatoren-Boxen wird über ihn diskutiert. Man wirft ihm vor, seine Werte – stellvertretend für viele abgehobene Fußballstars einer abgehobenen Kaste – über Bord geworfen zu haben. Man spricht von mangelnder Moral und fehlendem gesellschaftlichen Anstand. Er gilt als Aushängeschild einer als treulos empfundenen Fußballgeneration, die das Ende einer guten, alten Fußballwelt einläutet. Wahrscheinlich stimmt das alles.
Vielleicht sollten wir uns jedoch auch andere Fragen stellen, die genauso spannend sind: Was genau verstehen wir unter "Werten"? In welchen Situationen können wir selbst den verbotenen Reizen und Versuchungen nicht widerstehen? Wo liegt unsere eigene moralische Schmerzgrenze? Oder anders ausgedrückt: Ab welchem Punkt würde man selbst zur Bordsteinschwalbe werden? Bei Neymar sind es 160 Millionen pro Jahr. Die eigene Schwelle dürfte wohl deutlich darunter liegen, oder?
#Sport #Werte #Ethik #Entscheidungen